no, WE can’t

jahrelang war es sehr einfach, das ami-volk pauschal zu verurteilen. angesichts des wahlergebnisses tendiere ich dazu, mich pauschal zu freuen. zurück bleibt jedoch die frage : wann sind wir so weit?

nicht zuletzt dieses interview macht mir bewusst, in welch arroganter lage wir uns seit fast zehn jahren befinden. seit damals (und nicht nur) halten wir uns für wahnsinnig intellektuell, grenzen uns von all jenen ab (immerhin fast 30 prozent), die „so“ gewählt haben. wir glauben, dass die ganze restliche welt nur UNS sieht. die guten. warum, frage ich mich, haben wir stets vermieden, die guten amis zu sehen? warum haben wir sie für die fehler der anderen verantwortlich gemacht, während wir uns überlegen fühlten?

nicht zuletzt auf den zahlreichen lyrik-festivals, auf denen stets auch US-poeten vertreten sind, konnte ich eine gewisse selbstreflektierte haltung bemerken, ein bewusstsein für die mängel ihres landes, ein gefühl von „wir amerikaner sind nicht zu retten“, etc. diese menschen haben verantwortung für ihre mit-wähler übernommen, während „wir“ uns abgrenzen. nun hat sich das US-blatt gewendet. yes, we can – das haben sie bewiesen. vielleicht sollten auch wir uns ein wenig mit jenen 30 prozent auseinandersetzen, die vor wenigen wochen „so“ gewählt haben. erst durch das akzeptieren dieses komplizierten zustands wird es möglich, gemeinsam etwas daran zu ändern. denn ausgrenzung derjenigen, die lauthals ausgrenzen, führt zu jener kluft, die uns trennt. und die wird bestimmt nicht kleiner, wenn wir das problem ignorieren. no, WE can’t. not yet.

2 Gedanken zu “no, WE can’t

  1. Also ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass die Welt in Österreich nur die Guten sieht. Dazu herrscht hier zuviel an über die Grenzen hinaus schwappender Provinzialität, an Sündenbockmentalität und sturer Rückwärtsgewandheit. Ich fühle mich gegenüber den 30 Prozent, die „so“ gewählt haben, auch nicht überlegen. Sondern erschrocken. Das hat auch nichts mit Ignorieren zu tun.

    Aber wenn jemand nur danach schreit, anders Aussehende einzusperren und auszuweisen, nicht aus seinem Dorf herausblicken kann und sich vor allem schreckt, was 500 Kilometer weiter südlich und östlich geboren ist, ein Kopftuch aufhat oder gar eine andere Sprache spricht, wenn jemand nationalistischen Absurditäten nachhängt und sich das Leben dadurch erleichtert, dass er auf „die Ausländer“ und „die EU“ schimpft, wenn jemand sich immer tiefer in die selbst verschuldetet Unmündigkeit gräbt, anstatt seine eigene Bringschuld der Persönlichkeitsbildung und Öffnung zu erfüllen, wenn das wohlige Gefühl der Meute wichtiger ist als Individualität, wenn Angst nicht dadurch bekämpft wird, dass man sich selber bestärkt, sondern dadurch, dass man versucht, andere schwächer zu machen – oder auch wenn jemand an all das gar nicht glaubt und trotzdem jene Parteien wählt, die dafür stehen, dann lebt der in einer anderen Welt als ich. Auch wenn es immer mehr werden.

  2. ich sagte ja – wir GLAUBEN gerne, dass die restliche welt nicht das ergebnis der 30 prozent sieht, sondern die restlichen 70. obwohl mir stets das gegenteil bewiesen wird. umgekehrt versuchen „wir“ uns im ausland abzugrenzen, während viele amerikaner sich nicht abgrenzen, sondern (scheinbar) verantwortung für bush übernommen haben. zumindest jene, die ich getroffen habe.

    der unterschied auch: die amis, sofern sie in europa sind, kommen meist selbst drauf zu sprechen, während wir immer erst drauf angesprochen werden müssen, bevor wir was sagen und dann sind wir auch gleich beleidigt… aber dieses ganze „wir“ ist sowieso fehl am platz…

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